„Das zweite Attentat“: BND-Skandal wird zum Politthriller im Ersten
Ex-BND-Frau Hanne Lay (Désirée Nosbusch) will Alexander Jaromin (Noah Saavedra) helfen. Aber kann er ihr vertrauen? | ©ARD
Neuer ARD-Sechsteiler mit realistischem Hintergrund: In „Das zweite Attentat“ erfährt ein junger Fotograf, dass sein Vater Agent war – und gerät ins Fadenkreuz mörderischer Geheimdienste.
Ein Artikel von HÖRZU Chefreporter Mike Powelz
Bagdad, 2003: Kurz vor Ausbruch des zweiten Irakkriegs wird der deutsche Agent und Scharfschütze Frank Jaromin (Daniel Lommatzsch) vom Bundesnachrichtendienst in die irakische Hauptstadt beordert. Seine Mission: Er soll die Übergabe hochgeheimer Dokumente durch eine irakische Informantin (Rafika Saouis) absichern. Ihr Deckname: „Abeer“.
Die Papiere sind brisant: Sie belegen, dass Saddam Hussein – anders als vom zweifelhaften BND-Informanten „Curveball“ behauptet – über keine Massenvernichtungswaffen verfügt. Die Operation misslingt: Statt das Leben von Abeer zu retten und einen Krieg zu verhindern, erschießt Jaromin die Informantin. Angeblich, so erklärt der Agent später, seien ihm die tödlichen Schüsse über Funk befohlen worden.
„Das zweite Attentat“: Mi, 9. April, 20.30 Uhr im Ersten
Auf den Überwachungsaufnahmen allerdings ist kein Wort vom Schießbefehl zu hören. Zurück in der Heimat werden Frank Jaromin und seine achtjährige Tochter wenig später Opfer eines Mordanschlags – vor den Augen seiner Frau (Agnes Mann) und seines kleinen Sohns Alexander. Athen im Jahr 2023: Seit dem Anschlag auf Vater und Schwester lebt Alexander Jaromin (Noah Saavedra) als „Patrick Schneider“ im Zeugenschutzprogramm der deutschen Bundesregierung in der griechischen Hauptstadt.
Als seine Mutter stirbt, findet er in ihrem Nachlass einen Datenträger, versehen mit der Aufschrift „Bagdad-DVD“. Zu seinem Erstaunen belegt die Disc, dass sein Vater vor 20 Jahren tatsächlich den Befehl zur Tötung von Abeer erhielt. Die damaligen Aufzeichnungen wurden offenbar nachträglich manipuliert. Als Alex die Daten in seiner Cloud sichert, heften sich BND, CIA sowie eine mysteriöse politische Vereinigung namens „Gruppe Schmidt“ an seine Fersen.
Ihr Ziel: die Vernichtung der brisanten DVD sowie die Eliminierung des jungen Manns. In die Enge getrieben bleibt Alexander nur noch eine Verbündete: die frühere BND-Verhörspezialistin Hanne Lay (Désirée Nosbusch), die einst an den Aussagen Curveballs zweifelte. Kann der Gejagte ihr wirklich vertrauen?
Hauptdarstellerin Désirée Nosbusch ist auch Co-Produzentin der sechsteiligen Serie, ihre Figur bildet hier das Bindeglied zwischen den verschiedenen Zeitebenen. Doch wo hält sich die Serie an historische Fakten, was ist pure Fiktion? Drehbuchautor Oliver Bottini zu HÖRZU: „Was den Krieg und Curveball betrifft, ist das meiste historisch verbürgt, höchstens vielleicht ein wenig ausgeschmückt.
Erfunden jedoch sind unsere Figuren, allen voran Frank Jaromin, und der Grund für seine Reise nach Bagdad: dass dort eine irakische Dissidentin Beweise dafür habe, dass Curveball lügt, und sie dem Westen diese zuspielen will, um die drohende Invasion noch zu verhindern.“ Ebenfalls ausgedacht seien die Organisationen „Gruppe Schmidt“ und deren amerikanisches Pendant, das Annandale Institute.
Was macht für Darsteller Noah Saavedra die Besonderheit der Serie aus? „Da gibt es mehrere“, sagt der 34-Jährige, „etwa die Parallelität der Dinge, die Konsequenzen – und dass alles auf wahren Begebenheiten beruht. Es ist eine moderne ,Butterfly Effect‘-Geschichte.“ Der Schmetterlingseffekt besagt, dass selbst kleine Veränderungen große, langfristige, unvorhersehbare Auswirkungen haben können.
Trotz Drehbuchschwächen wie etwa Fehlern in der Chronologie ist „Das zweite Attentat“ ein solider Thriller. Leider wurde die Handlung nicht organisch entwickelt, sondern ins serientypische 6-mal-45-Minuten-Raster gepresst. Das führt zu Längen. Zudem konnte es sich Regisseurin Barbara Eder in letzter Sekunde nicht verkneifen, ein offenes Ende anzudeuten.